Rund 150 Führungskräfte aus Finanz, IT und Wissenschaft trafen sich am 4. Mai zum zweiten Banken-Symposium Wachau im Stift Göttweig.
Um mehr als 20 Prozent sind die Bilanzsummen der österreichischen Banken seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 gesunken. Gleichzeitig zeichnen sich am Horizont bedeutende Veränderungen ab, die der Branche weiter zusetzen dürften: „Fintechs“ genannte IT-Startups, die zu Mitbewerbern werden, US-Technologiegiganten, die ankündigen, in das Retail-Banking einsteigen zu wollen und weiterer Regulierungsdruck, der auf die Kreditinstitute ausgeübt wird.
„Der allergrößte Teil der in Banken verfügbaren Ressourcen wird heute für Projekte aufgewendet, die vom Regulator auferlegt wurden. Banken bedienen nicht mehr die Bedürfnisse ihrer Kunden, sondern jene des Gesetzgebers. Damit wird aber nicht ein einziger Neukunde gewonnen oder nur ein einziger Euro mehr an Deckungsbeitrag erwirtschaftet“, stellte Mario Offenhuber, Geschäftsführer der RIM Management KG und Organisator des Banken-Symposium Wachau in seinem Eröffnungsstatement fest.
Überdies haben Banken, mit ihren komplexen Strukturen und Prozessen, oftmals keine Chance, kurzfristig und schnell auf Marktveränderungen zu reagieren. Alexander Rossmann, Professor an der Hochschule Reutlingen erklärte, dass Banken kein Erkenntnisproblem haben, aber Innovation dort auf ein Umsetzungsproblem trifft. Entsprechend plädierte er für die Implementierung von „Dual Operating Systems“. Eine doppelte Organisationsstruktur für Banken, in der der herkömmlichen Vertriebs- und Betriebshierarchie ein innovatives Netzwerk zur Seite gestellt wird, in dem agil an neuen Ideen gearbeitet werden kann.
In der Praxis vorgeführt wird Innovation von Fintechs, wie etwa dem Wiener Startup cashpresso, das mit CEO Daniel Strieder am Symposium präsent war. Cashpresso ist seit einem halben Jahr am Markt und bietet seinen Kunden einen Überziehungsrahmen von maximal 1.500 Euro. Der komplette Prozess wird digital abgewickelt und benötigt rund zehn Minuten – inklusive Identifizierung und Risikoüberprüfung des Kunden.
„Viele Fintechs bringen nun erstaunliche Apps auf den Markt. Die sind einfach zu bedienen und sehr kundenfreundlich, und man fragt sich schon, weshalb die Banken solche Dinge nicht schon lange selber gemacht haben“, erklärte Alexander Rossmann. Für die Experten des Symposiums war allerdings klar, dass die kleinen Fintechs nur die Spitze des Eisbergs an sich abzeichnenden Veränderungen sind. Große IT-Giganten stehen in den Startlöchern und werden in nächster Zukunft mit ihren Banking-Apps am Spielfeld erscheinen. Apple, Amazon, Google, Intuit und PayPal haben sich dazu bereits zur Plattform „Financial Innovation Now“ zusammengeschlossen.
Thomas Puschmann, Direktor des Swiss Fintech Innovation Lab an der Universität Zürich sieht einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel: „Die Kunden wählen sich heute aus einer neuen Fülle unterschiedlicher Dienstleister das für sie passende Angebot aus. Das können neben Banken auch Fintechs, die Crowd, Plattformen oder Telekoms sein. Für jedes Produkt gibt es heute eine Alternative zur Bank.“ Um in diesem neuen Umfeld nicht unterzugehen, sind die Banken gezwungen, ihren eigenen Kundenfokus zu schärfen.
Etwas anders sehen das naturgemäß die klassischen Banker. Susanne Höllinger, Vorstandsvorsitzende der Kathrein Privatbank meinte: „Da muss man die Kirche schon im Dorf lassen. Es wird ja kaum Volumen bewegt, wenn man sich etwa Crowdfunding oder Robo-Advisory ansieht.“ Auch Franz Gasselsberger, Generaldirektor der Oberbank, setzt weiterhin vor allem auf den Vertriebskanal Filiale, von denen auch nach wie vor neue eröffnet werden. Die übrigen Channels der digitalen Sphäre sind für ihn lediglich Ergänzung. „Zentrales Asset der Oberbank sind die Qualität der Mitarbeiter und das Vertrauen der Kunden, das wir über die Jahre aufgebaut haben“, so Gasselsberger. Dass er damit nicht ganz falsch liegt, zeigen die Wachstumszahlen der Oberbank. Seit 2008 legte die Bilanzsumme des Instituts um etwa 25 Prozent zu.
Einig waren sich die Experten, dass der Zahlungsverkehr in absehbarer Zeit keine Kernkompetenz der Banken mehr sein wird. Spätestens nach der Implementierung der europäischen Zahlungsdienstrichtlinie PSD 2 wird dieses Geschäft überwiegend von anderen Anbietern übernommen werden. Dennoch ist auch Stefan Lamprecht, Division Director Banking bei Sopra Steria, davon überzeugt, dass es auch in 15 Jahren noch Banken geben wird: „Geld haben und Geld brauchen wird immer ein Thema für Menschen sein. Und wenn man deren Vertrauen gewinnen und deren Bedürfnisse bedienen kann, ist es letztlich egal, über welchen Channel sie zu einem kommen werden.“