
Beratungsqualität verliert an Bedeutung
Jährlich identifiziert emotion banking® die Treiber der Gesamtzufriedenheit der BankkundInnen im deutschsprachigen Raum. Das Ergebnis der aktuellen Analyse: <Preise und Konditionen> haben die <Qualität der Beratung> als wichtigsten Treiber für die Gesamtzufriedenheit verdrängt. Und das auch in der Gruppe jener Kunden, die im vergangenen Jahr ein Beratungsgespräch hatten. Fortschreitende Digitalisierung verändert die Wahrnehmung von Banken!
Preise und Konditionen wichtigster Einflussfaktor
Die Zufriedenheit der Kunden ist eine der wichtigsten Metriken zur Steuerung des Erfolgs eines Unternehmens. Nicht umsonst mahnt uns Peter Drucker, dass der einzige Zweck eines Unternehmens darin bestehe, Kunden zufrieden zu stellen und dabei Profit zu erwirtschaften. Beide Parameter gehen Hand in Hand und müssen gepflegt werden. Zufriedene KundInnen sind treuer, kaufen mehr und andere Produkte und Dienstleistungen des gleichen Unternehmens, sorgen für positive Mundpropaganda und danken den Unternehmen, indem sie höhere Preise akzeptieren (quasi als Prämie dafür, dass die wahrgenommene Unsicherheit vor dem Kauf reduziert wird). Soweit Forschung und Lehre.
Zufriedenheit ist mehrschichtig und formt sich aus vielen Teilwahrnehmungen zu einem Gesamturteil. Wie ist der Service? Wie die Freundlichkeit der Mitarbeiter? Wie gut funktionieren Onlinebanking und App? Mittels multipler Regression kann man die Bedeutung dieser einzelnen Faktoren für die Gesamtzufriedenheit ermitteln. Und genau dies haben wir (wie jedes Jahr) aktuell wieder getan, mit verblüffendem Ergebnis.

In den vorangegangenen Jahren hing die Kundenzufriedenheit mit der Bank maßgeblich von der wahrgenommenen <Qualität der Beratung> ab. Über alle Kundengruppen gesprochen war die Beratung der stärkste Treiber der Gesamtzufriedenheit. Auf den Plätzen folgten <Preise und Konditionen>, gefolgt von der <Häufigkeit der Beratungsgespräche> bzw. der <Ausstattung der Filialen (und hier insbesondere der Aspekt der SB Technologie)>.
Diese Ära ist nun vorbei, denn nach 2018 bereits zum zweiten Mal sind mit der aktuellen Analyse Preise und Konditionen das Kernthema, gefolgt von Zufriedenheit mit den Dienst- und Serviceleistungen (einfache und fehlerfreie Abwicklung, kompetente Auskünfte) und digitales Angebot der Bank (Webseite und App).

Die richtigen Schlüsse ziehen
Drei weitere Aussagen sind nun wichtig.
Erstens: Man könnte meinen, dass diese Veränderung vor allem darin begründet liegt, dass aktuell die Frequenzen der Beratung nachgelassen haben. Doch dies stimmt nur bedingt, denn selbst in der Subgruppe jener KundInnen, die ein Beratungsgespräch hatten, ist die Preiswahrnehmung bedeutsamer als die Beratungsleistung.
Zweitens: Weiterhin sind KundInnen mit einem Beratungsgespräch deutlich zufriedener mit Ihrer Bank als solche ohne Beratung. Ob es sich dabei um eine Kausalität (= Beratung führt zu einer höheren Zufriedenheit) oder eine Korrelation (= zufriedenere KundInnen geben der Bank die Chance für ein persönliches Gespräch) handelt, ist eine andere Frage.
Drittens: Da Aspekte der Abwicklung von Aufträgen und Anliegen der KundInnen sowie die Teilzufriedenheiten App und Website auf den weiteren Toptreibern der Gesamtzufriedenheit zu finden sind, ist davon auszugehen, dass sich die Wahrnehmung der Bank von stationäre und vor Ort zu macht mir das Leben (digital) einfach verschoben hat. Schon seit Jahren plädieren wir für mehr Achtsamkeit hinsichtlich der Service- und Beziehungsqualität sowie bei der Auswahl der Benchmarks. Banken werden nicht an der anderen Bank vor Ort gemessen, sondern an Unternehmen wie Apple, Amazon und Netflix.
Verbessern der Beratungsqualität als Routineaufgabe
Als Reaktion auf den Fintech-Hype haben vor allem viele Regionalbanken den Fokus noch stärker auf die persönliche Beratung gelegt. In den etablierten Häusern setzt man vielfach auf die Intensivierung und Verbesserung der jahrelang erprobten, persönlichen Beratungsgespräche. So zeigt eine aktuelle Studie mit Vorständen und Führungskräften in Österreich, Deutschland und Südtirol von emotion banking®, dass 76% der Befragten vorhaben, in den kommenden 1 bis 2 Jahren intensiv an der Steigerung der Beratungsqualität zu arbeiten. Demgegenüber äußern 79,3% den Wunsch nach mehr Information und Klarheit hinsichtlich des Erlebnisses der Beratungsqualität der KundInnen. „Das Verbessern der Beratungsqualität ist bei vielen Instituten eine fest etablierte Routineaufgabe geworden. Oftmals geschieht dies jedoch, ohne Information über die aktuelle Qualität und ohne strategische Steuerung.“, kommentiert Dr. Christian Rauscher, Geschäftsführer emotion banking® die Ergebnisse. Das Treffen von Entscheidungen ohne konkrete Informationen über Wünsche und Bedürfnisse der KundInnen scheint aber aufgrund der Bepreisung von gleicher Leistung zu günstigeren Konditionen des Mitbewerbs womöglich zu kurz zu greifen. Um am Ende nicht der Prophezeiung von Bill Gates (1994): „Banking is necessary, banks are not!“, recht geben zu müssen, ist es an der Zeit an den richtigen Stellen zu schrauben.

Zeit für gezielte Verbesserung der Kundenerlebnisse
Die persönliche, kompetente Beratung ist nach wie vor ein Gut, dass von den KundInnen hoch geschätzt wird und sie bietet einen der größten Wettbewerbsvorteile von klassischen Banken. Um für die KundInnen weiter die Nummer 1 zu bleiben, wird es jedoch notwendig sein, die Customer Journey ihrer KundInnen genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei wird die Reise der KundInnen von Beginn bis zum Ende mit allen Gain und Pain Points entlang der Strecke analysiert, um am Ende herauszufinden, mit welchen Wow-Momenten Sie Ihre KundInnen noch überraschen können. „Es ist Zeit den Kunden, und vor allem die Beziehung der Kunden wieder auf die Vorstandsagenda zu holen“, ist sich Dr. Christian Rauscher sicher. Die KundInnen müssen aktiv in die Prozesse miteinbezogen werden. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen, z. B. mittels einer offenen Diskussionsrunde (Fokusgruppen), zielorientierten Arbeiten an konkreten Aufgaben (CoCreation) sowie einer quantitativen Erhebung.
Call to Action:
- Stellen Sie das Beratungsgespräch konzeptionell und kundenzentriert auf den Prüfstand
- Optimieren Sie die Berührungspunkte und das Kundenerlebnis der Beratung – wo ist ein WOW Moment eingebaut?
- Messen Sie regelmäßig das Beratungserlebnis
- Sensibilisieren Sie Ihre BeraterInnen für unterschiedliche Personas und daraus abgeleitete Erwartungen
Digitalisierung ist keine Frage der Technologie, sondern der Denkhaltung im Unternehmen.