Expertentalk mit Dr. Helmut Gerlich, Bankhaus Spängler

Veröffentlicht am 02. März, 2017

Dr. Helmut Gerlich, Sprecher des Vorstandes Bankhaus Spängler, Bank des Jahres 2016, war am 28.2.2017 zu Gast beim Experten Talk der LSZ Konferenz, den unsere Geschäftsführerin, Dr. Barbara Aigner, moderierte. Kerninhalt war das veränderte Kundenverhalten und die Herausforderung von Banken, gerade vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung, sinnvoll gestaltetes Beziehungsmanagement zu leben. Dr. Gerlich erläutert im Talk, wie er seit dem Ausbruch der Finanzkrise das Banking einschätzt, wie sein Bankhaus diesen Herausforderungen begegnet und wie er zu Robo Advisory & Co steht.

Interview Gerlich

Dr. Aigner: Nahezu alle Touchpoints von Banken können oder sollten heute digital abgebildet sein. Der Kunde holt sich Erstinformationen im Internet, eine Empfehlung eines Freundes über WhatsApp und stellt den Anspruch, zumindest einfache Produkte online abschließen zu können. Genau dort, wo Banken heute punkten können, nämlich in der spezialisierten Beratung und im Beziehungsmanagement, haben sie lt. unseren Studien die größten Herausforderungen. Worin liegt die Ursache und was haben Banken in der Vergangenheit möglicherweise übersehen?


Dr. Gerlich: Die Banken sind seit Ausbruch der Finanzkrise stark mit sich selbst beschäftigt. In der ersten Phase nach der Lehman-Insolvenz ging es für einige um das „nackte Überleben“, dann folgte eine Regulierung, die inzwischen erhebliche Ressourcen bindet, ein gewisses Misstrauen der Kunden ist evident. Niedrigzinsen und eine eher stagnierende Wirtschaft können Strukturschwächen nicht mehr zudecken. Auch Vorstände beschäftigen sich in ihrer Vorbildfunktion zu wenig mit den Kunden. Aus einer Befragung ist zu entnehmen, dass Vorstände sich nur zu 10% ihrer Zeit mit Kunden beschäftigen.

Wie begegnen Sie als Bankhaus Spängler, das traditionell geprägt ist und eine herausfordernde Klientel hat, diesen Herausforderungen? Wie haben Sie sich strategisch fit für die kommenden 5 Jahre gemacht und worauf setzen Sie?

Das mit der Tradition stimmt – wir sind Österreichs ältestes Bankhaus. Dennoch ist uns die ständige Weiterentwicklung sehr wichtig, denn nur diese sichert das „Überleben“. Unser Fokus richtet sich in den letzten 10 Jahren klar auf folgende Themen:

  • Führend in der Beratungsqualität
  • Kernthemen sind das Familienvermögen und das Familienunternehmen
  • Wir erzeugen Mehrwert und damit Unterscheidungsmerkmale zum Mitbewerb, indem wir komplexe Themenstellungen bearbeiten: Unternehmensnachfolge, Governance Kodex (Familienverfassung), M&A, Immobilien, Stiftungen u.v.m.

In der Digitalisierung sind wir „state of the art“ und haben dazu einen eigenen Bereich „Business Development“ gegründet.
Wir sind und bleiben aber eine Bank mit den Basisdienstleistungen des „Zins-und Wertpapiergeschäfts“. Am besten lässt sich die Positionierung mit unserem mission statement ausdrücken:“Best in family banking“.

Wie sieht konkret gelebtes Beziehungsmanagement im Bankhaus Spängler aus? Worin unterscheiden Sie sich vom Mitbewerb? Können Sie uns dazu einige konkrete Beispiele nennen?

Unser Beziehungsmanagement wird auf verschiedenen Ebenen gelebt:

  • Wir beschäftigen uns intensiv mit allen Kontaktpunkten der Beratung und wollen für die Kunden ein „Beratungserlebnis“ schaffen. Die Auszeichnung durch die „Fuchsbriefe“ als Nr. 1 der Vermögensverwalter und durch „emotion banking“ als Österreichs beste Bank bestätigen, dass hier der richtige Weg eingeschlagen wurde.
  • Weil wir selbst Familienunternehmen sind unterstützen wir vielfältige Aktivitäten für Familienunternehmer: In Salzburg das jährlich stattfindende „Forum Familienunternehmen“ und das „Unternehmergespräch“, in Wien die „Presse-Gala“ mit der Auszeichnung der besten österreichischen Familienunternehmen.
  • Und nicht zuletzt engagieren sich auch einige Aktionäre aus der Familie für kulturelle Themen, aber auch für das Thema „next generation“.

Welche Chancen räumen Sie zukünftig einer persönlichen Beratung in Zeiten von künstlicher Intelligenz, Robo Advisory oder so wie zB bei der Bank of America dem ChatPod „Erica“? Und was würden Sie anderen Banken raten?

Die persönliche Beratung steht bei uns auch weiterhin im Vordergrund. Die Kunden sollen aber frei wählen können, über welchen Kanal sie mit uns in Kontakt treten. Darin liegt wohl auch der Schlüssel zum Erfolg.
Wir glauben, dass komplexere Themen der Veranlagung, des Kredits, der Steuern und des Rechts weiterhin eine persönliche Beratung benötigen.
Die Zukunft des Robo Advisory könnte im hybriden Beratungsmodell liegen, d.h. einem Angebot aus digitaler Anlage und menschlicher Beratung. „Betterment“, einer der größten Robo Advisor und Anbieter der ersten Stunde macht das gerade vor. Die Zukunft von Chatbots, der neuen Wunderwaffe der mobilen Kommunikation, eine Technologie mit künstlicher Intelligenz bleibt abzuwarten.

Blick in die Zukunft. Welche Rolle nehmen Banken in unserem heutigen Verständnis in 10 – 15 Jahren ein? Gibt es noch Banken (oder unterliegen wir einem Schicksal wie zB Kodak)? Wenn ja, welche? Von wem wird Banking wie betrieben?

Heute in der Bankbranche 10 bis 15 Jahre vorauszuschauen, das ist wahrscheinlich ein zu langer Zeitraum und grenzt an Prophetie. Bisher ist ja die Disruption, der Strukturbruch, ausgeblieben, aber das ist natürlich keine Lebensversicherung. Das retail-banking wird m.E. durch die Digitalisierung am stärksten verändert werden.
Die „digital natives“ werden wohl maßgeblich entscheiden, wie das „banking der Zukunft“ ausschauen wird.

Vielen Dank auch an die LSZ Consulting! Wir waren sehr gerne ein Teil Ihrer Veranstaltung!

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