Jeder kennt ihn, keiner will ihn: den Fehler. Und doch passiert es in Unternehmen immer wieder, dass etwas schief läuft. Da sollte man meinen, Unternehmen können damit gut umgehen. Doch weit gefehlt; in den meisten Organisationen sind Fehler ein Tabuthema und werden unter den Teppich gekehrt. Es ist offensichtlich schwierig, eine gute Fehlerkultur aufzubauen, denn wir lernen von Kindheit an, dass Fehler mit Konsequenzen (der unangenehmen Art) verbunden sind. Wer’s gut macht erhält ein Eis, der andere muss nachsitzen.
Und damit sind wir schon beim Punkt. Einstein meinte einst: Wer noch nie einen Fehler gemacht hat, hat sich noch nie an etwas Neuem versucht. Unternehmen benötigen somit eine gesunde Kultur der Umgangs mit Fehlern, denn sie benötigen individuelles Wachstum und internen Wandel. Innovation schreit geradezu danach, nicht das gewünschte Ergebnis (ein Fehler?) zu erhalten. Wichtig ist offensichtlich, dass wir daraus lernen und uns bewusst in Risiken und Fehler begeben.
Aristoteles unterscheidet im Übrigen zwischen den Begriffen: Unglück, Fehler und schlechtem Tun:
Heute müsste man somit auch noch den Begriff der „erwarteten Abweichung“ bzw. des „geplanten Scheiterns“ dazu nehmen, um auch dem Innovationsgedanken gerecht zu sein.
Ich erinnere mich noch sehr gut, als ich begonnen habe in unseren Teammeetings, den „Fehler der Woche“ zu feiern. Es war blamabel. Die Fehler kamen stets nur von mir (ich wollte ein gutes Vorbild sein) und irgendwann schwankten meine Mitarbeiter zwischen Zweifel an meinen Fähigkeiten und peinlicher Betroffenheit, ob der Übung. Was war falsch gelaufen? Der restliche Umgangston passte nicht zu meiner Idee des Fehlerfeierns! Man kann nicht einen Aspekt der Kultur radikal wandeln, ohne in allen Aspekten die erforderliche Neuausrichtung und das Neudenken vorzunehmen. Der Aufbau einer Fehlerkultur benötigt vor allem eine sehr bewusste und achtsame Arbeit der Führungsmannschaft und ein kritisches Hinterfragen der eigenen Systeme und Routinen. Wichtige Voraussetzung sind Angstfreiheit und vollständiges Vertrauen in die zwischenmenschliche Beziehung. Ohne Wertschätzung für den Einzelnen, ohne Interesse am Menschen, wird eine Fehlerkultur nicht funktionieren.
Wir müssen sehr gewissenhaft prüfen, wer in unserer Organisation positives Feedback und Anerkennung erhält. Und wir dürfen uns selbst prüfen, wie wir mit Emotionen bei Fehlern umgehen. Hier gilt die Regel: Das kleinste emotionale „Lüfterl“ ist wie ein Orkan für die Mitarbeiter. Aber auch eine rosarote Brille (im Sinne von „alles ist gut“) wird auch nicht helfen, denn die Dinge sind klar, transparent und wertfrei beim Namen zu nennen und offen zu adressieren. Nur ein ehrlicher Austausch auf Augenhöhe, ein durch Respekt gepflegter Dialog, wird das förderliche Miteinander stärken.
Mein Fazit: Starten Sie nicht mit abgehobenen Programmen und Maßnahmen, sondern mit ehrlichem Dialog und der Reflektion Ihres eigenen Verhaltens. Prüfen Sie sich, ob Sie generell ein Mensch sind, der eher auf die Fehler fokussiert, oder ob es Ihnen tatsächlich gelingt, die Stärken der Mitarbeiter im Fokus zu halten. Wie sagt man so schön: Nix g´sagt, ist glob´t g´nug! So kommen wir nicht an die Fehler ran – so fördern wir weder das Wachstum des Einzelnen noch der Organisation. Und diese Herausforderung, das Begleiten der Menschen im Wandel, wird die wichtigste Managementaufgabe des digitalen Zeitalters!
Dr. Christian Rauscher Geschäftsführer christian.rauscher@emotion-banking.at |