Wie Sie Ihr Fusionsvorhaben optimal meistern

Veröffentlicht am 05. April, 2017

Regulatorische Anforderungen, kostenseitiger Druck, Veränderungen im Verhalten der Kunden, Digitalisierung oder schlichtweg die Komplexität professionell zu bewältigen sind massive Herausforderungen von Banken. Doch auch das sinnvolle Abwegen von Synergien mit Nachbarbanken, das Optimieren der eigenen Vertriebswege oder das Management einer Fusion ist komplex. Oft scheitern die Anbahnungsversuche bereits beim „Liebeswerben“. Wer diese Hürde meistert, dem stehen emotionale Verhandlungsgespräche bevor und auch beim Post Fusionsmanagement läuft es meist nicht ganz rund. Schließlich gilt es, unterschiedliche Kulturen, Strukturen und Prozesse zu vereinheitlichen und dabei keine „Verlierer“ zu schaffen.

case study banken2020

emotion banking hat sich auf die Suche nach Erfolgsbeispielen begeben. Im Gespräch erläutert Dr. Barbara Aigner, GF emotion banking, gemeinsam mit KR Dir. Johann Vieghofer, MBA, GF Raiffeisenbank Mittleres Mostviertel, seine Erfahrungen aus vier erfolgreich verlaufenen Fusionen, mögliche Stolpersteine und Erfolgsfaktoren.

Sie haben in den vergangenen Jahren erfolgreich 4 Fusionen gemeistert? Wie sah der Zeitplan dahinter aus? Wann sind welche Fusionen „über die Bühne“ gegangen?

Die erste Fusion 1998 betraf die Raiffeisenbanken Scheibbs-Gaming mit der Raiffeisenbank Oberes Ybbstal zur Raiffeisenbank Eisenwurzen-NÖ mit einer geschätzten Bilanzsumme von ca. 220 Mio. – beide Banken waren ungefähr gleich groß, die RB Scheibbs-Gaming vielleicht ein bisschen größer. Dann 2001 die Fusion mit der Raiffeisenbank Frankenfels – der Name blieb gleich – Größenordnung nach Fusion ca. 270 Mio. Bilanzsumme. 2010 dann die Fusion mit der Raiffeisenbank im Erlauftal zur Raiffeisenbank Region Eisenwurzen – Bilanzsumme nach Fusion ca. 850 Mio. Letztendlich noch die Fusion mit der Raiffeisenbank Region Melk zur Raiffeisenbank Mittleres Mostviertel mit einer derzeitigen Bilanzsumme von ca. 1,5 Mrd. Die Bilanzsummengrößen sind geschätzt und können natürlich etwas abweichen, sollen aber lediglich die Größenordnungen darstellen – einmal eine Fusion mit einer gleich großen Raiffeisenbank, dann eine Fusion als größere Bank, dann eine Fusion als kleinere Bank und letztendlich wieder eine Fusion als größere Bank.

Was waren die Hauptgründe der jeweiligen Fusionen und welche Erwartungshaltungen wurden durch die Beteiligten gesetzt?

Mir war schon immer klar, dass die RB Scheibbs-Gaming – da bin ich vor 30 Jahren Geschäftsleiter geworden – strategisch nicht so gut positioniert ist, um langfristig alleine überleben zu können – einige Bankstellen lagen in einem Abwanderungsgebiet. Es musste daher vorerst eine Größe entwickelt werden, die uns auch für die Nachbarbank zum interessanten Fusionspartner machte. Dazu waren zwei strategische Fusionen notwendig. 2010 entstand dann durch die Fusion mit der RB Im Erlauftal eine Raiffeisenbank die den gesamten Bezirk Scheibbs abdeckte und mit einer Bilanzsumme von ca. 850 Mio,. Euro. sicherlich längerfristig gut aufgestellt war. 2015 gab es dann die Möglichkeit mit der Raiffeisenbank Region Melk in gezielte Fusionsgespräche einzutreten, die 2016 mit der Fusion zur Raiffeisenbank Mittleres Mostviertel abgeschlossen werden konnten. Die langfristige Absicherung die Entscheidungszentrale Wieselburg in der Region zu behalten spielte dabei eine wesentliche Rolle. Wenn sie so wollen hatte jede Fusion einen anderen strategischen Hintergrund.

Wurden jemals anstatt der Fusionen auch andere Kooperationsmodelle angedacht? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Ja – es wurde auch über Kooperationsmodelle nachgedacht – diese Gespräche haben aber zu keinem erfolgreichen Abschluss geführt.

Was sind Ihrer Meinung nach die Erfolgshebel, um eine mögliche Fusion an den Start zu bekommen? Welche Personen müssen unbedingt von Beginn und in welcher Rolle integriert sein? Worauf ist zu achten?

Als absoluten Erfolgshebel sehe ich „Offenheit und Ehrlichkeit“ in den Verhandlungen. Zudem denke ich, dass zuviel Strategie hinderlich ist – was aber nicht, dass man keine braucht. Spitzenfunktionäre sind unbedingt vom Beginn einzubinden. Es ist eine Liste mit so genannten „Key Playern“ zu erstellen, die kann und wird in jeder Bank unterschiedlich sein – ein Tipp: der Bürgermeister einer betroffenen Bankstelle ist jedenfalls dazuzuzählen, egal ob er Funktionär ist oder nicht. Danach ist eine Kommunikationsstrategie zu entwerfen. Die tatsächliche Fusion ist möglichst schon geistig vorzuziehen, d.h. so arbeiten als hätte man schon fusioniert (schon lange vor dem eigentlichen Fusionsbeschluss in der Generalversammlung).

Gab es im Laufe Ihrer Karriere oder auch bei den konkret durchgeführten Fusionen Anzeichen, dass eine Fusion möglicherweise nicht klappen könnte? Und wenn ja, wie haben Sie diese Anzeichen genutzt, um die Fusion für alle gewinnbringend durchzuführen?

Die gibt es immer, weswegen man hellwach sein muss und die Fusion muss Priorität Nr. 1 sein. Für mich gibt es 3 Gruppen Beteiligter:
Jene die sofort dafür sind – die braucht man auch und sind gut, aber alleine auf jene Gruppe darf man sich nicht verlassen.
Die Gruppe der emotionalen Gegner – die muss man kennen – man kann sie aber nicht überzeugen – müssen möglichst neutralisiert bzw. ausgeschaltet werden und 
„die konstruktiv vorsichtigen noch nicht überzeugten neutralen Beobachter oder auch Key Player“ – diese Gruppe muss man überzeugen können, denn die sind nicht grundsätzlich dagegen und sind Argumenten zugänglich. Wenn man diese Gruppe nicht überzeugen kann dann ist die eigene Strategie nicht sattelfest.

Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Maßnahmen während einer Fusion, um diese erfolgreich zu meistern? Was ist unverzichtbar?

Unverzichtbar ist, dass die Fusion Priorität Nr. 1 hat und nicht neben dem Tagesgeschäft abgewickelt werden kann. Kommunikation – Kommunikation – Kommunikation – es kann nicht genug kommuniziert werden. Trotzdem wird es aus Sicht mancher Mitarbeiter zu wenig sein – der verantwortliche Betreuer (meistens ein Geschäftsleiter) braucht eine hohe Frustrationstoleranz und Ausdauer.

Wie haben Sie die Fusionen kommunikativ (auch in Richtung Kunden) begleitet und welche Tipps würden Sie Kollegen aus der Geschäftsleitung geben?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Kommunikation in Richtung Kunden die wohl wesentlich leichtere Aufgabe ist – für den Kunden ist wichtig, dass seine Filiale, sein Kundenbetreuer und möglichst die Kontonummer gleich bleibt – bei der Kontonummer ist es durch den IBAN auch nicht mehr so tragisch, da praktisch kein Kunden ihn auswendig weiß und daher sowieso die Maestrokarte verwenden muss.

Auf welche Stolpersteine / Herausforderungen muss man sich gefasst machen, wenn eine Fusion ansteht und wie kann man diese idealerweise lösen?

Stolpersteine könnten sein, wenn von Beginn weg keine ehrliche Diskussion in Gang kommt. Hier muss man das Gefühl dafür entwickeln, wie gehe ich mit meinem Gegenüber um, bzw. wie offen ist er mir gegenüber. Mit Offenheit und Ehrlichkeit kann man andere überraschen und gewinnen. Egal welche Stolpersteine kommen sie können nur durch Kommunikation gelöst werden.

Zurückblickend auf Ihre durchgeführten Fusionen: Was sind die 3 wichtigsten Tipps, die Sie anderen GL / Vorständen geben würden?

  • Der bevorstehenden Fusion die Priorität Nr. 1 zu geben
  • Offener und ehrlicher Umgang um Vertrauen zu bilden
  • Wenig Kompromisse eingehen, die halten meistens nicht so lange
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