Eigentlich kommt einem ja das Gähnen bei der Überschrift. Echt jetzt? Kundenzentrierung und New Work werden die Bankenbranche verändern? Transformation ist ein Muss?
JA!
Und aufpassen: Nur weil wir die Begriffe schon so oft vernommen haben, weil wir uns daran gewöhnt haben, hat deren Bedeutung in der praktischen Umsetzung nichts – aber auch wirklich gar nichts – an Sprengkraft verloren. Lasst uns somit die 3 Megathemen in diesem Blogbeitrag kurz umreißen und ihr könnt euch bei allen Themen die ehrliche Frage stellen: Auf einer Skala von 0 bis 100%, wie intensiv, wie kompromisslos, wie konsequent leben wir das in unserem Haus? Daraus ergibt sich ein feiner Arbeitsauftrag für das zweite Halbjahr bzw. 2024! 😊
1. Kundenzentrierung
In einer digitalisierten Welt, in der Kunden immer mehr Möglichkeiten haben, ihre Bankgeschäfte zu erledigen, ist Kundenzentrierung das Maß für Wachstum und Zukunftsfitness. Banken dürfen sich darauf konzentrieren, in allen Handlungen und Entscheidungen auf die Stimme der Kunden zu hören und dabei eigene Überzeugungen, Traditionen und festgefahrene Weltbilder zu zertrümmern. Was gestern galt, ist heute falsch. Was gestern funktionierte, ist heute wertlos. Meine Erfolge der Vergangenheit sind der Ballast der Gegenwart! Da ist schon der erste Auftrag: Wann haben wir das letzte Mal, echte Kunden eingeladen mit uns über Produkte, Services oder Erfahrungen zu diskutieren? Welche Mitarbeitenden haben wir dabei eingebunden? Aber der Reihe nach…
- Digitale Dienstleistungen: Kunden erwarten heute, dass sie ihre Bankgeschäfte jederzeit und überall erledigen können. Dies bedeutet, dass Banken in digitale Plattformen und Technologien investieren müssen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. OK – und wenn ich das nicht selber in die Hand nehmen kann (weil ich Teil einer größeren Familie bin, wo ein gemeinsamer Dienstleister – vermeintlich stets zu langsam, in der falschen Qualität und an den verkehrten Stellschrauben – digitalisiert), so muss ich zumindest intern die Ressourcen und Kompetenzen für das Thema nachziehen. Ich erlebe manchmal noch ein IT-Abteilungsverständnis, das geprägt ist von „Monitorkabel anstecken, User administrieren und Softwareupdates installieren“. Nein – so kommen wir nicht voran. Und übrigens: Wie intensiv tragen wir unsere digitalen Dienstleistungen in den Markt? Wer erklärt und schult das? Wer kommuniziert, was möglich ist?
- Personalisierte Angebote: Durch den Einsatz von Datenanalyse und künstlicher Intelligenz können Banken ihre Dienstleistungen besser auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden zuschneiden. Können ja, machen nein. Warum? Weil niemand dafür die Verantwortung trägt. Weil vermeintliche und auch reale Datenschutzthemen mal schnell und ungeprüft als Spaßbremse vorgeschoben werden. Aber Hand aufs Herz: Wer beschäftigt sich in Ihrem Haus mit der Datenstrategie? Wer zerschlägt die gute alte Segmentierung und baut intelligente, individuelle Guidance Kampagnen? Da braucht es keinen Konzern mit 5.000 Mitarbeitenden – das kann man auch mit einer 100 Personen Truppe anpacken!
- Vertrauensbildung: In einer Zeit, in der Datenschutz und Sicherheit im Vordergrund stehen, müssen Banken sicherstellen, dass sie das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen und erhalten. Auch hier die Frage: Wer schafft solche vertrauensbildenden Elemente in der Kundenreise? Wie leben wir Vertrauen in einer zunehmend digitalen Welt (wo eben nicht mehr einzig der Berater für vertrauen steht)? Wo finden sich derartige Erlebnisse? Wie wird dieser Aspekt in geschäftspolitischen Entscheidungen berücksichtigt und integriert?
2. New Work
Die Arbeitswelt, aber mehr noch die Erwartungen an Arbeitgeber, verändern sich rasant. Die Bankenbranche ist keine Ausnahme. Das macht sich dann beim Recruiting, wenn die Resonanz einfach fehlt, unangenehm erlebbar. New Work steht für neue Formen der Arbeit, die Mitarbeitenden Energie zuführen und nicht rauben, die Sinn stiften und nicht Druck erzeugen, die Stolz und Identifikation stärken, anstelle von „Schmerzensgeld und goldener Käfig“.
- Flexible Arbeitsmodelle: Viele Banken bieten bereits flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Möglichkeiten an, um die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter zu verbessern. Mehr noch, es ist fast schon Tradition, Teilzeitmodelle in mannigfacher Ausprägung, anzubieten. Das ist cool. Drei Gedanken kommen mir ergänzend: Erstens: Wie schaffen wir auf das Gemeinsame, auf das WIR einzuzahlen, wenn diese Modelle in Betrieb und Vertrieb fast zwangsläufig unterschiedlich gelebt werden (müssen – Stichwort Öffnungszeiten und Ressourcendecke)? Sind wir wirklich sicher, dass alle, und ich meine wirklich alle, Führungskräfte in der Umsetzung den gleichen Zugang wählen? Zweitens: Haben wir konsequent genug an die Ausstattung gedacht? Haben wir das Führungsteam ausreichend befähigt, hybride Teambildung zu stärken? Drittens: Wie steht es um Sabbatical Programme bei uns? Und schließlich die unternehmerische Frage: Wie evaluieren wir den Erfolg, all dieser Maßnahmen?
- Weiterbildung und lebenslanges Lernen: In einer sich ständig verändernden Welt ist es wichtig, dass Bankmitarbeiter anhaltend neue Fähigkeiten erlernen, sich weiterentwickeln und altes Wissen verabschieden. Haben wir ein Verständnis welche Skills und Fähigkeiten, in einer VUCA-Welt hilfreich sind? Gibt es ein Zielbild für „future skills“? Trainieren wir einen kritischen Geist? Sensibilisieren wir für Resilienz, Gesundheit und Achtsamkeit? Schaffen wir Raum für Kreativität?
- Kollaborative Kulturen: Banken müssen eine Kultur der Zusammenarbeit und des offenen Austauschs fördern, um innovativ zu bleiben. Das fängt schon intern an. Ich höre häufig, dass sich die Mitarbeitenden untereinander nicht mehr kennen (wegen hybrider Arbeitsmodelle, steigender Fluktuation, hohem Arbeitsdruck etc.) und nicht mehr wissen, wo die Aufgaben und Prioritäten der anderen Abteilungen und Bereiche liegen. Wie fördern wir diese innerbetriebliche Vernetzung? Einer unserer Kunden veranstaltet bspw. „Mystery Lunches“ für seine Mitarbeitenden und sponsort somit aktiv den Austausch und Aufbau interner Netzwerke. Andere etablieren Hospitationsprogramme und Abteilungsbesuche. Aber hier endet die Aufgabe nicht. Wie nutzen wir eigentlich unsere externen Netzwerke? Wie schaffen wir aus der Vernetzung – über den Zufall hinausgehend – geschäftlichen Mehrwert? Ja, es ist super, dass wir den Notar und Steuerberater kennen, aber wo ist das Geschäftsmodell? Wo die networked economy? Wie nutzen wir unser Vereinswesen für Innovation? Und wer treibt das voran?
3. Transformation
Die Bankenbranche befindet sich inmitten einer tiefgreifenden Transformation, die aus zahlreichen, einander überlappenden Einzelwellen (wie Technologie, Nachhaltigkeit, Unternehmenskultur, Geschäftsmodell), praktisch zu einem Tsunami aufgeschaukelt wurde.
- Technologische Innovation: Während wir von Digitalisierung sprechen, arbeiten andere an Blockchain, (etwas weniger intensiv) Metaverse und künstlicher Intelligenz. Wer screent diese Entwicklungen auf Chancen bei uns? Wer testet derartige Lösungen auf Sinnhaftigkeit, Sicherheit und Wirkung? Können und wollen wir hierzu keine eigenständige Expertise oder zumindest Meinung aufbauen? Und noch eine andere Frage: Ist es nicht möglicherweise auch ein Auftrag an uns, in diesem Bereich – speziell bei Kryptos, NFC´S, Token etc. – für Aufklärung und Bildung bei unseren Kunden zu sorgen?
- Nachhaltigkeit: Ja klar sind nun alle Banken „grün“. Und nachhaltig Ökonomisch waren sie auch schon immer und gerade der Gründungsauftrag inkludierte schon gesellschaftliches Engagement in der einen oder anderen Form. Aber wie sieht es abseits der grünen Konten und Elektrofahrzeuge aus? Sehen wir einen regulatorisch bedingten Aufwand oder einen echten Systemwandel in unserer Aktivität?
- Kultureller Wandel: Die Transformation geht über die Adaption neuer Technologie hinaus. Wandel ist immer eine Verhaltensveränderung. Haben wir unsere Systeme in der Bank (und damit meine ich bspw. die Vertriebssteuerung, die Karrieremodelle, die variable Vergütung, die Kommunikationskaskaden etc.) wirklich auf die Zukunft ausgerichtet? Sind wir bereit die heiligen Kühe zu schlachten und wirklich neue Wege zu gehen? Sind wir bereit Information zu teilen, interne Kunden in Entscheidungsprozessen einzubinden, Macht abzugeben, damit mehr Menschen sich an der Wertschöpfung beteiligen können? Denn eigentlich besteht der Unterschied zwischen Change Management der Anfangsjahre dieses Jahrtausends und echter Transformation darin, dass letztere keinen klar definierten Endzustand kennt, sondern aus der Überzeugung schöpft, dass in der Diversität der Menschen, in der Unterschiedlichkeit auf Situationen angemessen zu reagieren bzw. dem Willen Sinnhaftes hervorzubringen, mehr entsteht, als in einem geschlossenen Strategiezimmer. Weniger Hierarchie, mehr Leadership. Interessante Fragen zur Verhältnis Kontrolle versus Vertrauen haben wir hier erörtert (EINFÜGEN Linkedin POST). Freiheit und Eigenverantwortung – so lauten auch bei uns die Kernwerte, nach denen wir uns ausrichten. Beides fürwahr nicht immer einfach zu leben…
Fazit
Die Zukunft der Bankenbranche wird maßgeblich von ihrer Fähigkeit bestimmt, sich an veränderte Marktbedingungen anzupassen und den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Vermutlich müssen und können wir gar nicht in allen Bereichen, die Benchmark sein, aber wir sollten uns aktiv mit den aufgeworfenen Fragen beschäftigen und schrittweise in die Umsetzung gelangen. Durch die Umarmung von Kundenzentrierung, New Work und Transformation können Banken sicherstellen, dass sie auch in Zukunft erfolgreich sind. Das Tempo bestimmt ihr – bei der Schwerpunktsetzung oder Implementierung sind wir natürlich gerne behilflich. Nicht umsonst heißt es bei uns CX meets Culture! Nicht umsonst sind wir Partnerin für Analysen, Beratung und Umsetzungsmotivation 😊